Trennung und Scheidung

"Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne"

1. Einleitung

ScheidungsprozessEine Ehe wird als Bund für das Leben geschlossen, die Partner versprechen sich gegenseitig in guten wie in schlechten Zeiten füreinander da zu sein, bis dass der Tod sie scheide. Doch in vielen Fällen scheint dies nicht zu gelingen - im Jahr 2015 betrug die Scheidungsrate in Österreich 41,6 Prozent (seit 2005 mehr oder weniger gleichbleibend). Das bedeutet, beinahe die Hälfte aller Ehen wird geschieden.

Bei der Entscheidungsfindung über eine etwaige Scheidung, die ein kritisches Lebensereignis für alle Betroffen darstellt, spielen vor allem die emotionalen Aspekte eine wichtige Rolle. Die betroffenen Erwachsenen müssen ihre eigenen Gefühle regulieren, sorgen sich häufig zusätzlich um etwaige negative Folgen für die Kinder und auch finanzielle Sorgen können hinzukommen. Eine Trennung ist in den meisten Fällen mit dem Auszug eines Partners und damit einhergehender häuslicher Veränderung, mit Enttäuschungen und mit Liebeskummer verbunden.

Die möglichen Folgen für Kinder nach einer Scheidung beziehungsweise Trennung der Eltern sind ein komplexes Thema. Negative sowie positive Folgen können kaum eindeutig nachgewiesen werden und sind nicht allgemeingültig für alle Scheidungskinder. Eine Scheidung ist nicht zwangsläufig ein traumatisierendes Ereignis, das zu langfristigen Problemen bei den Kindern führt. Dennoch ist die Trennung der Eltern ein einschneidendes Erlebnis, das eine hohe Anpassungsleistung aller Beteiligten fordert. An und für sich gilt aber, dass andauernde elterliche Konflikte einen weit größeren Stressor für die Kinder darstellen, als dies eine Trennung tut.

Quellenangaben:
Fandler, E. (2014). Scheidung für Kinder. Pädiatrie & Pädologie, 49(4), 38–41.
Hartmann, B. (2015). (K)Ein Bund fürs Leben. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/285271/umfrage/entwicklung-der-scheidungsrate-in-oesterreich/

2. Auswirkungen einer Trennung bzw. Scheidung auf Kinder

Wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind, ist es wichtig die gefühlsorientierte Beziehung zum Ex-Partner in eine weitgehend lösungsorientierte zu verwandeln. Für die meisten Paare ist es schwer sich als Liebespaar zu lösen, jedoch die gemeinsame Elternschaft aufrecht zu erhalten. Die Beratung bietet dabei in schwierigen Situationen die Möglichkeit an, die Gesprächsbasis zwischen den Eltern zum Wohle der Kinder, so weit wie möglich aufrecht zu erhalten.

Wissenschaftliche Studien zeigen eine Tendenz zu Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern getrennter Eltern, vor allem Buben scheinen eine schlechtere Anpassung an die neue Situation zu zeigen. Dieses Phänomen könnte damit einhergehen, dass die Kinder häufig bei der Mutter aufwachsen und ihnen ein männliches Rollenvorbild fehlt. Regelmäßiger Kontakt zum Vater kann dies verhindern. Vor allem die emotionalen Konflikte zwischen den Eltern scheinen für die Kinder problematisch zu sein und zu Verhaltensauffälligkeiten führen. Gehen die Eltern gut mit diesen Konflikten um, können sie eine positive Vorbildfunktion für die Kinder einnehmen.

Streit in der FamilieDoch eine Scheidung muss nicht immer nur negative Auswirkungen haben. Ständige Streitigkeiten zwischen den Eltern, körperliche und seelische Gewalt, können zu einer massiven Belastung der Kinder führen, während eine Trennung in diesem Fall hingegen zu einer Erleichterung für die Kinder und den anderen Elternteil führen kann. Lang andauernde familiäre Missstände können auch einen bedeutsamen negativen Einfluss auf die spätere Beziehungsfähigkeit der Kinder haben.

Besonders gravierend ist es, wenn Kinder vom getrenntlebenden Elternteil entfremdet werden, indem der erziehungsberechtigte Elternteil einen negativen Einfluss ausübt. In manchen Fällen werden vom jeweils anderen Elternteil (fälschliche) Anschuldigungen auf körperliche und/oder sexuelle Misshandlungen getätigt. Dies löst natürlich starke Gefühle bei allen Beteiligten aus und verschärft die Situation zunehmend. In diesen Situationen wird das Aufsuchen professioneller Hilfe empfohlen.

LoyalitaetskonfliktAm besten können sich jene Kinder auf die veränderte Familiensituation einstellen, deren Mütter und Väter auch nach der Trennung noch in der Elternrolle verbleiben und guten Kontakt zu den Kindern pflegen. Dabei ist die Fähigkeit der Eltern ausschlaggebend, die Bindung zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zu fördern, zu unterstützen, wertzuschätzen oder zumindest zu tolerieren. Wenn negative Emotionen wie Wut und Hass auf den Partner offen ausgetragen werden, führt dies zu Schuldgefühlen und Loyalitätskonflikten bei den Kindern.

Quellenangaben:
Fandler, E. (2014). Scheidung für Kinder. Pädiatrie & Pädologie, 49(4), 38–41.

3. Trennungs- und Scheidungsberatung und -behandlung

Mutter-Kind

In der regelmäßigen Beratung findet zunächst Trauerarbeit statt, um eine emotionale Loslösung vom ehemaligen Partner zu bewerkstelligen. Hier kann, wenn möglich, eine gemeinsame Beziehungsrückschau sehr hilfreich sein. Diese hilft vielen Betroffenen zu einem guten Ende zu kommen.

Die Betroffenen brauchen sowohl Unterstützung bei der

  • emotionalen Ablösung vom Partner
  • praktische Tipps für den täglichen Umgang mit den Kindern und dem ehemaligen Partner
  • beim alleinigen Handling von alltäglichen Krisensituationen.

In der akuten Trennungsphase sind die Betroffenen auf Zuwendung und Empathie angewiesen. Im Rahmen der Beratung wird versucht den Klienten vom Fällen weitreichender Entscheidungen während der ersten Krisenphase abzuhalten. Vor allem bei verlassenen Männern kann es durch die Trennung zu narzisstischen Kränkungen kommen, in denen sie unüberlegte bzw. für Außenstehende nicht nachvollziehbare Handlungen durchführen.

Vater-Kind

Da in einer Partnerschaft häufig Teile von sich selbst aufgegeben werden, gilt es diese nun wieder neu zu entdecken. Ein Um- bzw. Neulernen soll stattfinden. In diesem Zusammenhang sind Informationen für die Betroffenen sehr wichtig, da sie helfen einen eigenen Standpunkt zu bilden und diesen zu vertreten. Auch bestimmte Verhaltensübungen können hilfreich sein, wie zum Beispiel alleine etwas zu unternehmen, Freundschaftsbeziehungen zu pflegen oder auch offen über gewisse Gefühle sprechen zu lernen. Oft wird auch die Beziehung zu den eigenen Eltern in diesem Rahmen hinterfragt und neu eingeordnet.

Ist der Blick nach der Ablösung wieder klarer, können die eigenen, ganz persönlichen, Anteile am Scheitern der Beziehung besser erkannt werden. Betroffene können diese Fehler besser akzeptieren und im eigenen Selbst integrieren. Dabei wird der Klient auch vorsichtig herausgefordert sich mit Gemiedenem zu konfrontieren und es wird die Möglichkeit gegeben über seinen ehemaligen Partner und die Beziehung zu ihm zu sprechen. Voraussetzungen für diesen Prozess ist eine gewisse Portion Selbstreflexionsfähigkeit, Selbstsicherheit und die Fähigkeit zur Empathie.

Die Beratung hilft den Klienten auch mit den Belastungen in der veränderten Lebenssituation umzugehen. Diese Belastungen können beispielsweise Wohnungswechsel, neue Beziehungen oder der Wiedereintritt in den Beruf sein. Die Strategien der Bewältigung und die Widerstandsfähigkeit der Klienten werden verbessert, um den gegenwärtigen Anforderungen (die beispielsweise von den Kindern gestellt werden) standhalten zu können.

Quellenangaben:
Hötker-Ponath, G. (2009). Trennung und Scheidung: prozessbegleitende Interventionen in Beratung und Therapie. Stuttgart: Klett-Cotta.

4. Behandlungsprozess in den Trauerphasen

Konflikt-LoesungEine Behandlung ist jedem Betroffenen anzuraten, vor allem aber jenen, die sich ganz plötzlich oder unfreiwillig in der Trennungssituation befinden. Da eine Scheidung unter anderem auch existenzielle Ängste hervorrufen kann, gleicht der Abschiedsprozess den Trauerphasen nach einem Todesfall (nach Kübler-Ross). Die Trauer taucht in den unterschiedlichen Phasen immer wieder auf und sollte in jedem Fall beachtet werden.

  • Die erste Phase des Trauerprozesses, die Verleugnungs-Phase, dient als Schutzmechanismus. In dieser Phase wird vorsichtig die Realität der Trennung zur Sprache gebracht, um auf die bevorstehenden Veränderungen im Leben vorbereitet zu werden und die Persönlichkeit zu stärken.
  • Wenn man die Trennung schließlich nicht mehr vor sich selbst leugnen kann, folgen meistens übermannende Gefühle, die nicht selten in Depressionen oder Wutausbrüchen ausarten. In den Behandlungseinheiten geht es in dieser Phase hauptsächlich um Schuldvorwürfe, Resignation, Klagen und Erschöpfungssymptome.
  • Im späteren Verlauf des Behandlungsprozesses wird der Klient darauf hingewiesen, welche Chancen dieses kritische Lebensereignis mit sich bringt. Beispielsweise kann man nun Hobbys nachgehen, denen der ehemalige Partner keine Sympathie entgegenbrachte.
  • Ein weiterer wichtiger Schritt in der Behandlung ist es, die Ressourcen des Klienten zu aktivieren und ihm vor Augen zu halten, worin er überall gute Leistungen zeigt. In Folge einer Trennung kann sich auch ein negatives Selbstbild entwickeln, welches von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen geprägt ist. Verursacht kann dies unter anderem durch den Wegfall der Anerkennung des Partners werden. Das Trennungsgeschehen weckt oft auch frühere Erinnerungen an negative Beziehungserfahrungen.
  • Auch das Alleinsein zu lernen ist ein wichtiger Punkt in der Verarbeitung einer Trennung.

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